Am 1. Februar 2019 haben sich der Bund und die Länder auf die Eckpunkte für die umstrittene Grundsteuer-Reform geeinigt. Zur Berechnung sollen künftig der Grundstückswert, das Alter von Immobilien und die durchschnittlichen Nettokaltmieten herangezogen werden. Der Deutsche Städtetag und der Landkreistag  begrüßten den Kompromiss als gute Lösung. Von der Immobilienwirtschaft und vom Bund der Steuerzahler wird das wertbasierte Modell dagegen scharf kritisiert.

Scharfe Kritik an den vereinbarten Eckpunkten für Grundsteuerreform

Es entsteht ein Bürokratiemonster, wenn die Eckpunkte so umgesetzt werden, meint Jürgen Michael Schick, Präsident des Immobilienverbandes IVD. Er sagt: „Die Erhebung der Grundstückswerte, des Gebäudealters und der Miethöhe wird zu einem erheblichen Mehraufwand in den bereits voll ausgelasteten Finanzämtern führen“. Schick hält den „faulen Kompromiss“ zudem für ungerecht. Er befürchtet, dass nach dem Einbezug der Durchschnittsmieten in die Berechnung der Grundsteuerlast die Mieten in den Metropolen und Ballungsräumen weiter steigen. Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, dagegen unterstützt das neue Modell. Er findet es gerechter, den Wert von Grundstücken und Immobilien in die Besteuerung einzubeziehen.
Der Städtetag drängt auf einen schnellen Gesetzesentwurf. Denn das Bundesverfassungsgericht erwartet bis zum Ende des Jahres eine Neuregelung der völlig veralteten Grundsteuer. Ohne Einigung fällt die Grundsteuer ab 2020 weg. Ein Horrorszenario für die bundesweit mehr als 11.000 Kommunen. Denn die Grundsteuer ist mit 14 Milliarden EUR jährlich eine wichtige Einnahmequelle. Sie trägt vor allem zum Bau und Sanierung von Schulen, Kitas, Schwimmbändern und Straßen bei. Auch der Bund der Steuerzahler (BdSt) findet die Einigung von Bund und Ländern „ungeheuer bürokratisch und teuer“. Die höhere Grundsteuer in Ballungsgebieten treffe vor allem Menschen mit kleinen Einkommen, Studenten, junge Familien und Rentner. Auch der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft GdB warnt vor dem Kompromiss.
Kritik kommt auch aus der Politik. Bayerns Ministerpräsident, Markus Söder, hält den Kompromiss für nicht zustimmungsfähig (Bayern hatte eine unbürokratische Steuerberechnung nach Fläche angestrebt.). Unzufrieden mit dem Erreichten äußerten sich auch einige Bürgermeister großer Städte. So warnt Münchens Oberbürgermeister, Dieter Reiter (SPD), vor einer höheren Steuerbelastung der Mieter. Auch Düsseldorfs Oberbürgermeister, Thomas Geisel (SPD), kritisierte die Vorschläge seines Parteifreundes Olaf Scholz. Er findet die Grundsteuerreform „zu kompliziert“. Geisel hält eine Grundsteuer allein auf Basis von Bodenrichtwerten für die einfachste, fairste und beste Lösung, da diese den Wert der Immobilie bereits implizit enthalten.

Antragsfrist Grundsteuererlass bis 1. April

Noch grundlegender ist die Kritik von SPD, Grüne und Linken. Sie fordern, dass Eigentümer die Grundsteuer in Zukunft nicht mehr auf die Mieter abwälzen können. Bei so viel Gegenwind ist davon auszugehen, dass die Eckpfeiler noch nachjustiert werden. Viel Zeit bleibt allerdings nicht.  Damit das neue Gesetz bis Ende des Jahres verabschiedet werden kann, muss der Gesetzesentwurf bis spätestens Ostern vorliegen. Der Eigentümerverband Haus und Grund weist darauf hin, dass die Frist zum Grundsteuererlass für Vermieter am 1. April ausläuft. Bis dahin sollten Vermieter, die unverschuldet im vergangenen Jahr erhebliche Mietausfälle hatten, ihre Anträge stellen. Als Ursachen kommen z. B. Leerstand, allgemeiner Preisverfall oder strukturbedingte Nichtvermietbarkeit, aber auch außergewöhnliche Ereignisse wie Wohnungsbrände oder Wasserschäden in Betracht.