Auch wenn in der Presse immer wieder Meldungen über teils erhebliche Preisanstiege von Wohnungen und Häusern auftauchen – zuletzt bei sogenannten Nordseeimmobilien, etwa auf beliebten Ferieninseln wie Sylt und Amrum oder in Sankt Peter-Ording –, so sieht doch der bundesweite Trend mittlerweile ganz anders aus. Das betrifft inzwischen sogar viele Großstädte.

Der Preisrutsch und seine Ursachen

Noch vor wenigen Monaten titelte die Tagesschau, dass es sich bei den jüngsten Rücksetzern von Haus- und Wohnungspreisen nur um eine „vorübergehende Preisdelle“ handeln würde und dass die Immobilienpreise bereits im zweiten Quartal dieses Jahres wieder anziehen könnten. Eine optimistische Prognose – doch das zweite Quartal ist inzwischen vorüber und keine Wende in Sicht.

Ganz im Gegenteil: Das Statistische Bundesamt (Destatis) meldet, dass die Preise für Wohnimmobilien seit Jahresbeginn so stark gefallen sind, wie seit über 20 Jahren nicht mehr. Nachdem während des Immobilienbooms der Häuserpreisindex etwa von 2020 bis zum zweiten Quartal 2022 noch jährliche Teuerungsraten von bis zu 12,8 Prozent verzeichnen konnte, schwächte sich dieser Trend in Q3/2022 bereits auf 4,3 Prozent ab und kippte schließlich im vierten Quartal mit minus 3,4 Prozent ins Negative.

Doch das war noch nicht alles: Für das erste Quartal 2023 vermeldete Destatis jetzt einen bundesweiten Preisrückgang bei Wohnimmobilien von minus 6,8 Prozent. Das entspricht bereits einer Verdoppelung des Preisabschlags seit Q4/2022 – innerhalb von lediglich drei Monaten.

Können denn dann zumindest die Mieter aufatmen und mit sinkenden Mietpreisen rechnen? Der Gedanke ist naheliegend: gesunkener Marktwert von Wohnungen = niedrigere Mieten. Doch die Realität sieht anders aus. Dafür gibt es mehrere Gründe. Als Hauptursache kristallisiert sich jedoch die explodierende Nachfrage heraus, die den jährlich neu geschaffenen Wohnraum längst weit übertrifft.

Die Online-Plattform Statista, die u. a. Daten von Destatis, Institut für Demoskopie (IfD) Allensbach, der OECD und dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) auswertet, hat berechnet, dass es allein im Jahr 2022 eine Nettomigration von 1,5 Millionen Menschen nach Deutschland gab. Jegliche Auswanderer und Rückkehrer sind bereits ausgenommen. Im Vergleichszeitraum wurden aber laut Destatis lediglich 354.400 neue Wohnungen zugelassen.

Womit ist bei den Wohnimmobilien 2023 noch zu rechnen und ist eine Trendwende absehbar?
Prognosen sind zwar generell mit Vorsicht zu genießen, doch aus der näheren Betrachtung der aktuellen Schieflage und möglicher Ursachen lassen sich durchaus gewisse Schlüsse ziehen.

Die Hauptursache für den Einbruch der Nachfrage ist, dass viele Menschen sich den Immobilienkauf nicht mehr leisten können – bzw. dass dieser zu unwägbar für eine seriöse Kalkulation geworden ist. Hierfür gibt es zahlreiche Gründe:

– Die hartnäckig hohe Inflation; offiziell sind es momentan rund sieben Prozent (wenn man das glauben mag).

– Die Banken berichten von einem erheblichen Einbruch bei der Nachfrage nach Krediten wegen der steigenden Zinsen.

– Es besteht eine große Verunsicherung aufgrund der chaotischen, teuren (und potenziell sogar unpraktikablen) Heizungsgesetzdebatte.

– Die Reglementierungswut und Bürokratie nehmen überhand, es gibt immer mehr ausufernde Vorschriften im Baubereich.

– Die Energiekosten befinden sich politisch gewollt weiter auf hohem Niveau.

– Anstehende energetische Sanierungspflichten bei Altbauten und strenge Auflagen bei Neubauten.

– Der Personalmangel im Handwerk trifft auf eine steigende Nachfrage, es gibt lange Wartezeiten und die Preise ziehen an.

– Es gibt häufige Lieferengpässe; manche Bauprodukte oder Ersatzteile sind überhaupt nicht oder nur mit mehrjähriger Vorbestellung lieferbar und je nach weiterer Gesetzgebung (Stichwort: Wärmepumpen) kann sich das noch weiter verschärfen.

Fazit: Man braucht keine Kristallkugel, um zu prognostizieren, dass eine Trendwende beim Preisrückgang für Wohnimmobilien aktuell wenig plausibel erscheint, zumindest solange nicht einige dieser Hemmnisse beseitigt sind – Inflation und Kreditzinsen stehen hier besonders im Fokus.

Quellen: tagesschau.de, haufe.de, faz.net, destatis.de, handelsblatt.com, de.statista.com